Studie zu Migrantenorganisationen: "Vielfältig engagiert - breit vernetzt - partiell eingebunden?"
Studie zu Migrantenorganisationen: "Vielfältig engagiert - breit vernetzt - partiell eingebunden?"
So vielfältig wie die Einwanderer-Communities in Deutschland. Die neue Studie gibt Einblick in die Arbeit und die Potentiale von Migrantenorganisationen (MO).
Seit langem schon sind MO gefragte Kooperationspartner von Politik, Verwaltung und zivilgesellschaftlichen Organisationen. Doch trotzdem weiß man nicht viel über sie – den Vereinen und Verbänden von eingewanderten Menschen.
Die jüngst veröffentlichte Studie des Forschungsbereichs des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) unternimmt eine systematische Bestandsaufnahme der MO-Landschaft. Gefördert wurde sie vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat.
Die Forscherinnen und Forscher haben Erhebungen in Bayern, Berlin, Nordrhein-Westfalen und Sachsen durchgeführt. Ausgehend von diesen statistischen Daten schätzen sie, dass es zwischen 12.400 und 14.300 aktive “Migrantenorganisationen” in Deutschland gibt.
Die Befragung einer repräsentativen Anzahl von MO und Interviews mit ihren Vertreterinnen und Vertretern zeigen ein vielfältiges Bild ihres Engagements. Sie decken das gesamte Spektrum an bürgerschaftlichem Engagement ab. Viele Organisationen fördern vor allem die Teilhabe von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im sozialen Bereich oder in der Bildung. Die häufigste Aktivität liegt der Studie zufolge im Austausch von Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte.
migrantisch, postmigrantisch oder deutsch?
Ob der Begriff “Migrantenorganisation” wohl noch zeitgemäß ist und sich die Vereine auf diese Weise beschreiben – dieser Frage gingen die Wissenschaftler*innen ebenfalls nach. Denn mittlerweile gibt es zahlreiche Vereinigungen von eingewanderten Menschen, die im Vereinsnamen die Bezeichnung “postmigrantisch” oder “deutsch” führen. Und deren Vereinsaktivitäten unterscheiden sich nicht wesentlich von nichtmigrantischen Organisationen. Doch für die Mehrheit der untersuchten Vereine gelte nach wie vor, dass sie sich als “Migrantenorganisation” begreifen.
Ein Großteil der Mitglieder seien Frauen, die häufig Leitungsfunktionen übernähmen. Zu sehen sei außerdem eine weitgehende Professionalisierung der Vereine. Viele seien in Netzwerke eingebunden, und würden sich recht erfolgreich um Fördermittel bemühen. “Dabei steigen die Chancen auf Förderung erheblich, wenn die Organisation hauptamtliche Strukturen aufweist und ihre Tätigkeiten unmittelbar auf Integration ausgerichtet sind,” sagt die Direktorin des SVR-Forschungsbereichs Dr. Cornelia Schu. Vergleichsweise weniger gefördert würden MO in der Kinder-, Jugend- und Bildungsarbeit. Hier sieht die Studie Handlungsbedarf.
Die Autoren empfehlen, MO stärker in Fachgremien einzubinden, um so den Austausch zu fördern und die Angebote von MO besser zu nutzen. Langfristig sollte die Teilhabe von MO an regulären Fördermitteln verbessert werden. Weitere Qualifizierung der ehren- und hauptamlich tätigen Mitglieder der Vereine und die interkulturelle Öffnung von Ressorts und Behörden seien sinnvolle Maßnahmen dafür.
Hier (Öffnet in einem neuen Tab) können Sie die Studie herunterladen.
Aynur Koç
3. Dezember 2020