Ausbau A59: Faktencheck
Da in der öffentlichen Diskussion zum Ausbau der A59 | Duisburg einige Fehlinformationen kursieren, haben wir in diesem Faktencheck einen Überblick zusammengestellt.
Interessenslage und Verfahrensweise
Die Autobahn GmbH des Bundes: Alleinige Aufgabe der Autobahn des Bundes (AdB) sei Planung, Bau, Erhaltung und Betrieb sowie Finanzierung und vermögensmäßige Verwaltung der Autobahnen. Kommunale Interessen, die dem Ausbau der Autobahnen entgegenstehen, hätten sich dem unterzuordnen.
Richtigstellung: Trotz dieser Aufgaben des Straßenbaubetriebs des Bundes dürfen Autobahnen auch weiterhin nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist und die vom Vorhaben berührten Belange in der Abwägung berücksichtigt sind. Zu den berührten Belangen gehören u. a. auch die städtebaulichen Auswirkungen der Autobahn und die Effekte auf die Menschen jenseits der reinen Lärmbetrachtung. Die Stadt Duisburg teilt das Ziel der AdB, das wichtige Projekt des Ausbaus der A59 – insbesondere in Hinblick auf die sich dem Ende neigende Restnutzungsdauer der Berliner Brücke - voranzutreiben. Gleichwohl fordert die Stadt den Bund und seine Gesellschaft auf, dem wechselseitigen Grundsatz der Bundestreue auch hinsichtlich des Wohls der Bürger:innen im Duisburger Norden durch Realisierung der Straße als Tunnel in offener Bauweise in Meiderich bzw. gedeckelter Trogvariante in Hamborn Rechnung zu tragen und mit der Aufteilung in mindestens zwei Planfeststellungsabschnitte die zeitgerechte Realisierung des Brückenbauwerks sicherzustellen. |
Eng begrenzte Restlebensdauer der Berliner Brücke
Die Autobahn GmbH des Bundes: Die Forderung nach einer Trennung der Verfahren gefährde das Ziel einer an die Restnutzungsdauer der Berliner Brücke angepassten Verfahrensdurchführung.
Richtigstellung: Der von der AdB zurecht angeführte Zeitdruck ist Folge des in der Planung bereits verstrichenen Zeitraums. Ein gebündeltes Verfahren für den übermäßig langen Gesamtstreckenabschnitt widerspricht der Zielsetzung zur Sicherstellung eines zeitgerechten Ersatzes des Brückenbauwerks. Das Verfahren zum unstrittigen Ersatzneubau der Berliner Brücke wird so in eine vermeidbare Abhängigkeit vom weitaus komplexeren und strittigeren weiteren Verlauf gesetzt. Das Risiko für zeitliche Unwägbarkeiten und im schlimmsten Fall der Zusammenbruch des regionalen Straßenverkehrssystems samt den damit verbundenen Auswirkungen auf Mensch, Umwelt und Wirtschaft in Duisburg werden so billigend in Kauf genommen. |
Bauliche Gründe
Die Autobahn GmbH des Bundes: Die Realisierung der Tunnelvariante sei aus bautechnischen Gründen unter Einhaltung der „Planungsstandards“ nach den Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA) nicht möglich. Der Steigungs- bzw. Neigungsgrad der Rampen zwischen dem Ende der Berliner Brücke und den Tunnelportalen wäre zu stark.
Richtigstellung: Die baulich-technische Machbarkeit als Tunnel in offener Bauweise wurde vom zuvor zuständigen Landesbetrieb Straßen.NRW im Rahmen einer Machbarkeitsstudie nachgewiesen und bis kürzlich auch von der AdB nie angezweifelt, sondern galt explizit als Variante. Die Stadt Duisburg hat bereits im Frühjahr 2022 die bauliche Machbarkeit einer solchen Variante in zwei Ausbauabschnitten unter Erfüllung aller Anforderungen gemäß RAA mit positivem Ergebnis untersucht. Auf die vorgelegten Ergebnisse erfolgte seitens der AdB keinerlei qualifizierte Rückmeldung. |
Verkehrliche Gründe
Die Autobahn GmbH des Bundes: Der Ausbau der A59 als Tunnel in offener Bauweise würde eine Sperrung der Anschlussstellen DU-Ruhrort (8) und DU-Meiderich (9) nach sich ziehen und damit die Verbindung an das daran anschließende städtische Basisnetz über die gesamte 12-jährige Bauzeit trennen.
Richtigstellung: Eine durchgängige Sperrung der beiden Anschlussstellen für die gesamte, von der AdB behauptete Bauzeit von zwölf Jahren stellt ein allein dem Eigeninteresse der AdB entsprechendes Vorgehen zur Baukostenminimierung dar. Kostenintensivere Varianten unter Beibehaltung der Anschlüsse im Verkehr mit ggf. zwischenzeitlichen Sperrungen sind unter Betrachtung des Schutzgutes Mensch während des Baus zulässig und machbar. Eine Mehrbelastung während des Baus wird es auch bei der Realisierung als Hochstraße geben. Doch nur als Tunnel in offener Bauweise wird dauerhaft die maximal mögliche Verbesserung der dortigen Lebensverhältnisse für die nächsten 100 Jahre erreicht. |
Planungsrechtliche Gründe
Die Autobahn GmbH des Bundes: Die Berliner Brücke zum Gegenstand eines ersten Planfeststellungsverfahrens zu machen, sei rechtlich nicht möglich. Ein dafür notwendiges bauzeitliches Provisorium (= Behelfsbrücke) von der Überquerung des Rangierbahnhofs Ruhrort bis zur Bürgermeister-Pütz-Straße sei unzulässig und eine unrechtmäßige Festlegung auf die Tunnelvariante.
Richtigstellung: Die Festlegung von Planfeststellungsabschnitten inkl. bauzeitlicher Provisorien ist fester Bestandteil bei der Realisierung großer Infrastrukturvorhaben (vgl. provisorische U-Bahn-Tunnelrampe in Meiderich) und wurde in einem ähnlichen Fall (VGH Mannheim 5 S 3868/88) bereits als rechtmäßig bestätigt. Auch bei der A59 unterliegt dies keinen durchgreifenden rechtlichen Hindernissen. Dem Interesse an einer möglichst zügigen Erneuerung der Berliner Brücke bei gleichzeitigem Offenhalten der übrigen Planung als Tunnel in offener Bauweise oder Hochstraße kann ein so hohes Gewicht beigemessen werden, dass die Abschnittsbildung, trotz der Nachteile eines Provisoriums abwägungsfehlerfrei gerechtfertigt werden kann. |
Genehmigungsfähigkeit
Die Autobahn GmbH des Bundes: Die Realisierung der Tunnelvariante sei nicht genehmigungsfähig.
Richtigstellung: Die Frage der Genehmigungsfähigkeit einer Autobahnplanung im Planfeststellungsverfahren kann erst nach einer vollständigen Abwägung aller betroffenen öffentlichen und privaten Belange beurteilt werden. Das hierzu erforderliche Abwägungsmaterial wurde bislang noch nicht einmal sachgerecht aufbereitet, weil die AdB die mit der Autobahnplanung einhergehenden städtebaulichen Konsequenzen ausblendet und die Wirkungen des Vorhabens auf das Schutzgut Mensch allein auf die bewirkten Verkehrslärmimmissionen beschränkt. |
Kosten laufen aus dem Ruder
Die Autobahn GmbH des Bundes: Der Ausbau der A59 nach als Tunnelvariante verursache zu hohe Kosten und sei nicht wirtschaftlich. Für die notwendigen Mehrkosten stünden keine Mittel zur Verfügung.
Richtigstellung: Die Kosten einer Straßenbaumaßnahme sind im Vergleich der in Betracht kommenden Varianten nur ein Abwägungsaspekt. Die in den unterschiedlichen Varianten jeweils entstehenden Kosten sind abwägend ins Verhältnis zu den sonstigen abwägungsbeachtlichen Belangen zu setzen. Dies ist noch nicht geschehen. Die höheren Kosten eines Tunnels in offener Bauweise relativieren sich im Übrigen bei Betrachtung der etwa doppelt so langen Lebensdauer eines Tunnels gegenüber einer Hochstraße. Die Stadt Duisburg widerspricht der AdB daher entschieden, dass sich die Belange der Duisburger:innen und ihrer Lebensverhältnisse allein den Interessen des Straßenbaubetriebs sowie des Autos unterzuordnen hätten. |