Uwe Wandelt und Heinz Plückelmann - Knappenverein Walsum e.V.
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„Wir reden nicht lange, wir machen“, bringt es Uwe Wandelt vom Knappenverein Walsum e.V. auf den Punkt. Und verdeutlicht gleichzeitig die Mentalität der ehemaligen Bergleute. Sein Kumpel Heinz Plückelmann erklärt: „Im Bergbau kamen die Leute aus Korea, Russland, Polen der Ukraine, Spanien, Italien oder der Türkei, und es gab nie irgendwelche Probleme – innerhalb des Bergwerks. Die blieben im Berg.“ Über Tage konnte es schon wieder etwas anders aussehen, „es gab schon Einigelungen, es fehlte dann der Austausch.“ Aber er findet es gut, dass „in Walsum darauf geachtet wurde, dass alle Neuankömmlinge verschieden untergebracht wurden“, so dass es zu keiner Ghettoisierung kam. „Die hiesige Wohnungsbaugesellschaft hat da besonders aufgepasst.“
Uwe Wandelt und Heinz Plückelmann waren auf der Zeche Walsum, die 2008 schloss. „In einer leisen Vorahnung, dass es das Bergwerk nicht mehr lange geben würde, haben wir bereits 2003 unseren Verein gegründet“, blickt Uwe Wandelt zurück, der seit 2010 1. Vorsitzender ist. Eine Bestätigung, wie wichtig das Bestreben des Vereins ist, bekamen sie bei einem Besuch einer Schulklasse, „da war der Schacht erst zwei Jahre geschlossen“, schüttelt Wandelt den Kopf. „Auf die Frage, woher denn die Kohle kommt, bekamen wir zur Antwort ´aus dem Baumarkt` - da war klar, wie wichtig es ist, die Geschichte und die Erinnerung an den Bergbau lebendig zu halten.“ Heinz Plückelmann, der ein Leben lang nur einen Arbeitsgeber hatte und von 1962 – 2002 auf der Zeche war, ergänzt: „Wir wollen nicht, dass das aus den Köpfen verschwindet. Der Bergbau hat ja nicht nur Walsum geprägt, sondern ganz Deutschland. Viele Regionen haben von der Kohle gelebt. Allein in Nordrhein-Westfalen gab es 150 Zechen und 180 bundesweit. Im Bergbau waren 800 000 Menschen beschäftigt, außerdem hing weitere wirtschaftliche Infrastruktur – vom Kleinen bis ins Große – am Bergbau. Und das ist jetzt weg.“
Es ist ihnen ein Anliegen, das Bewusstsein an diesen einst so wichtigen Wirtschaftszweig und an dieses Handwerk zu erhalten. Rund 200 Mitglieder zählen die Knappen. Rund 20 Aktive leiten die Geschicke, halten den Verein lebendig. Auf der Agenda stehen Veranstaltungen und Festivitäten. Hier zählt die Barbarafeier am 4. Dezember zu den Höhepunkten des Jahres. Außerdem wird sich stets mit anderen Vereinen des rechten Niederrheins ausgetauscht und sich gegenseitig unterstützt. Es gibt enge Beziehungen zu Schützen- und zu Karnevalsvereinen. Weiter wird in Zusammenarbeit mit Schulen Kindern gezeigt, wie der Bergbau entstanden ist und was sich seither verändert hat. Zudem gibt es ein kleines Museum in den Vereinsräumen an der Teutonenstraße. „Uns ist es wichtig, dass wir nicht nur Aktivitäten innerhalb des Vereins anbieten, sondern, dass alle teilnehmen können, die sich mit dem Thema Bergbau beschäftigen und sich dafür interessieren.“ Grinsend fügt Plückelmann an: „Bei Stammtischen wird immer noch jede Menge Kohle abgebaut. Dann werden sich viele Geschichten von früher erzählt. Das ist für uns wichtig, vor allen Dingen die Dönekes.“ Uwe Wandelt bestätigt ihn: „Unser Zusammenhalt wird so gestärkt, dann sind wir alle gleich, egal, welche Position jeder früher hatte.“
Beide mögen es ganz unterschiedliche Besuchergruppen in Empfang zu nehmen und jeweils auf diese einzugehen. „Schüler begeistern sich für Kohlestücke. Wir hatten außerdem Bergmannswitwen hier. Dort sind wir etwas emotionaler an das Thema herangegangen, viele Frauen waren daraufhin sehr berührt. Das sind Momente, wo wir denken, wir machen alles richtig. Wir richten uns mit den Inhalten eben nach den Gruppen.“ Ferner gehen die Knappen auch in Seniorenheime, „dann nehmen wir einen Sänger mit und machen uns einen schönen Nachmittag.“ Mittlerweile übernimmt der Verein sogar das Aufstellen des Maibaums, „denn geht nicht, gibt´s nicht“ und der Bezirksbürgermeister hat eine Sorge weniger.
Ganz Walsum liegt beiden sehr am Herzen, sie fühlen sich wohl: „Hier ist noch Friede, Freude, Eierkuchen.“ Von Vierlinden sagen sie: „Hier gibt es alles in einem. Sowohl Zechenhäuser, die an die Entstehung des Stadtteils erinnern, als auch Neubauten und neue Einkaufsmöglichkeiten. Man muss Vierlinden noch nicht einmal verlassen. Es gibt sogar noch Kneipen, ein reges Miteinander und ein gutes Gesundheitsnetz. Die Walsumer Rheinaue ist nicht fern. Man muss eigentlich nirgends woanders hin.“ Uwe Wandelt mag das Flair im Sommer auf dem Franz-Lenze-Platz: „Dann liegen die Leute dort auf Decken mit Wasserpfeife oder Samowar – das hat schon etwas vom Englischen Garten in München.“ Heinz Plückelmann mag hingegen die Adventszeit: „Es lohnt sich durch die alten Straßen zu gehen, wie durch die Micky Maus Siedlung (Theodorstraße/Karlstraße), dort ist alles so schön beleuchtet.“
Gibt es gar nichts, was sie stört? „Na, die Hubbrücke über den Nordhafen der früheren Zeche, die wollen wir unbedingt. Und wenn Logport VI entsteht, dann sollte auch eine Umgehungsstraße vorhanden sein. Ansonsten gibt es hier wichtige Einrichtungen, wie Altenbetreuungen, aber die Wartelisten sind zu lang. Auch wäre eine Eisdiele am Franz-Lenze-Platz schön.“ Und weiter: „Momentan werden alte Zechenhäuser und eine Schule abgerissen. Dort entstehen neue, seniorengerechte Wohnungen. Aber ich finde, dass ein Jugendzentrum fehlt“, fügt Wandelt an. Insgesamt ist schon die Sorge da, dass zukünftig Ausbildungsplätze fehlen und demzufolge eine Abwanderung aus dem Bezirk folgen würde.
Aber dann denken die beiden früheren Bergmänner an den Sommer und an das Walsumer Sommerfest der Vereine und daran, dass sie viele ehemalige Kumpel wiedersehen und Erinnerungen austauschen werden, „es ist eben das Kumpelhafte, was den Bergbau ausgemacht hat“ und was in Walsum immer noch zu spüren ist.
Uwe Wandelt und Heinz Plückelmann empfehlen:
- Das Knappenheim samt Museum auf der Teutonenstraße zu besuchen
- Einen Spaziergang entlang der Rheinaue zu machen
- Durch Micky Maus- und Bergbausiedlungen zu laufen
- Im Allwetterbad schwimmen zu gehen
- Und einmal mit der Rheinfähre nach Orsoy (und zurück) zu fahren