Anna Bosbach-Plonka und Anne Hildebrand - Du bist Rheinhausen
Videos
Seit knapp anderthalb Jahren geht ein Ruck durch Rheinhausen. Lauscht man den begeisterten Erzählungen von Anna Bosbach-Plonka und Anne Hildebrand, dann liegt es nahe, dass es nicht nur bei diesem Ruck bleiben, sondern dass sich aus ihrer Idee eine stete Bewegung etablieren soll.
Gemeinsam mit Mitstreiterin Julia Hildebrand ist es ihnen ein Anliegen, die BürgerInnen des Bezirks, die vielen Engagierten und Beherzten zu vernetzen, um aktiv etwas für Rheinhausen zu tun. Deswegen haben sie kurzer Hand, im März 2019, die Website „Du bist Rheinhausen“ ins Leben gerufen: „Wir stellen diese Plattform bereit, um zu zeigen, dass es doch Leute gibt, die etwas bewegen wollen, mit denen man sich zusammenschließen kann“, erklärt Anna Bosbach-Plonka. Ihre Verbündete Anne Hildebrand ergänzt: „Die Entwicklung geht schon in die Richtung, dass sich die Einzelnen wieder mehr für das eigene Umfeld interessieren und mitgestalten wollen. Gemeinsam wollen wir mit allen herausfinden, was wichtig ist und wie wir zusammen welche Veränderungen schaffen können.“
So war eine der ersten Aktionen eine Online-Umfrage: „Wir wollten erst einmal wissen, was die Rheinhauser über ihren Wohnort denken, was ihnen wichtig ist, ihnen gefällt oder sie stört“, so Anna Bosbach-Plonka. „Es hat sich vieles verändert, das Rheinhausen meiner Kindheit existiert so nicht mehr. Etliche Läden haben geschlossen, vieles ist verwahrlost. Aber ich wohne hier und möchte meinen Kindern eine gute Umgebung bieten“, beschreibt sie den eigenen Ansporn.
Die Resonanz der Umfrage war enorm. „Wir haben festgestellt, dass die Leute durchaus noch einen Blick für das Schöne haben und nicht alles schlecht ist. Ein meist genanntes Problem war aber der Müll und dass es eben an Läden und Gastronomie mangelt.“ Ein großer Wunsch war ebenfalls mehr Farbe in die Umgebung zu bringen, wie mit bemalten Blumenkübeln oder Verteilerkästen.
Um schnell sichtbare Ergebnisse zu erzielen, zählten zu den ersten Projektideen die „Dreck-weg-Aktion“ und das Anlegen von zwei Wildblumenwiesen. Mit Hilfe von Vereinen wie Offensive für ein Sauberes Duisburg e.V. (Öffnet in einem neuen Tab) wurde sich zum Mülleinsammeln verabredet. Oder in Kooperation mit der städtischen Anlaufstelle für bürgerschaftliches Engagement (Öffnet in einem neuen Tab), dem Umweltamt (Öffnet in einem neuen Tab), örtlichen Gartencentern und Freiwilligen steht das Anlegen von „Bienenweiden“ kurz vor der Verwirklichung, die durch die engagierte Blumen - und Gartenliebhaber und Gießpatenschaften gepflegt werden sollen. Es sind Projekte, die sich gemeinsam und in Kooperation mit behördlichen Anlaufstellen, relativ einfach umsetzen lassen, viele Freiwillige findet und bei denen sich schnell gute Ergebnisse sehen lassen. „Wer übrigens Gießpate werden möchte, kann sich noch sehr gerne bei uns melden." (hallodu-bist-rheinhausende)
„Oft fehlen Visionäre, es gibt viel Resignation, wovon sich die Leute beeindrucken lassen. Wir hingegen wollen zeigen, dass wir gemeinsam etwas verwirklichen können, auch vor der eigenen Haustür. Außerdem glaube ich, brauchen wir eine neue Identitätsmöglichkeit“, so Anne Hildebrand, „Kohle und Stahl sind das Fundament der Vergangenheit, aber die jüngere Generation kann sich damit nicht mehr in erster Linie identifizieren.“ So kam die Button-Idee mit dem Slogan „Du bist Rheinhausen“ zustande. Ergänzt durch ein kleineres Pendant mit grafischen Landmarken, wie der „Brücke der Solidarität“, der „Bergheimer Mühle“ oder den „Friemersheimer Kopfweiden“. „Wir wollen eine neue Selbstverständlichkeit, das möchten wir den Leuten bewusst machen. Wir leben alle hier, wir können zusammen etwas Neues schaffen.“
Positiv war ebenfalls: „Wir haben nach einer Möglichkeit eines Treffpunktes gesucht. Eine zentrale Anlaufstelle zu haben, ist schon hilfreich.“ Dort kann sich getroffen, sich ausgetauscht und können Projekte geplant werden. Ein Ergebnis ihrer Umtriebigkeit war, dass der Bauverein Rheinhausen ein leerstehendes Ladenlokal in der Fußgängerzone bereitstellt. Die Bühne 47 spendete die Möbel: „Da zeigt es sich wieder, dass jeder etwas beitragen kann.“
Durch eigenes Netzwerken lernen die drei wieder viele weitere Protagonisten und Ecken des Bezirks kennen. „Obwohl ich dachte, dass ich mich hier wirklich gut auskenne, war ich immer wieder erstaunt, wen ich hier alles noch so kennenlerne und wie viele unbekannte Ecken es doch noch gibt“, resümiert Bosbach-Plonka. „So haben wir die Courage-Frauen, ein Frauen-Netzwerk, kennengerlernt, die uns eingeladen haben oder Elisabeth Schmitz, die Vorsitzende des Werberings Rheinhausen, die uns sehr unterstützt. Besonders angetan war ich vom Besuch der Moschee am Tag der offenen Tür. Meine Kinder und ich wurden so herzlich empfangen. Uns wurde alles gezeigt und erklärt – leider waren wir die einzigen Besucher.“
Gerne möchten sie sehr viel stärker die türkische Community in Rheinhausen einbeziehen. Zum Teil hakt es an Sprachbarrieren, ein/e türkischsprachige/r MitstreiterIn würde helfen. „Um Kontakt zu bekommen, helfen Kinder. Bei unseren Projekten machen viele Schüler mit, über sie erreichen wir die Eltern. Aber es könnten mehr sein. Genauso freuen wir uns, wenn wir mehr jüngere Leute motivieren könnten.“
Anne Hildebrand erklärt es: „Am besten klappt das, wenn man selbst mit gutem Beispiel voran geht, wie bei der Dreck-weg-Aktion. Aber man muss hartnäckig bleiben, nicht sofort aufgeben, stets flexibel bleiben und sich auch mit wenig zufriedenzugeben. Es ist so wichtig, aus der Komfortzone herauszukommen. Nur wenn man bereit ist, in Kontakt zu treten und fremde Ecken zu entdecken, kann man Ängste überwinden.“
Genau das gefällt den beiden am besten: „Der Austausch mit Leuten, neue Menschen kennenzulernen, sich gegenseitig zu inspirieren und zu motivieren, voneinander zu lernen und zusammen Dinge bewegen.“
Diversität ist immer stärker als Monokultur.
Bisher wurde das Trio offen und freundlich aufgenommen. „Egal von wem, die Menschen haben zum Teil so dankbar reagiert. Oft ist es ihnen ein Bedürfnis etwas zu geben. So zum Beispiel der Betreiber eines Shisha-Geschäfts der den Kindern, die den Müll aufsammelten, Süßigkeiten schenkte.“
Wie lässt sich Rheinhausen für Außenstehende beschreiben? „Natur küsst Industrie“, fasst es Hildebrand kurz und knackig zusammen. „Da gibt es das alte Kruppgelände mit dem neuen Logport und die Zechenatmosphäre, aber alles ist so schön begrünt. Du stehst auf der Rockelsberghalde und siehst nur Grün.“
Und weiter sagt sie: „Die Rheinhauser sind das Potential, die verschiedenen Leute, das Multikulti. Diversität ist immer stärker als Monokultur. Es gibt hier ein enormes Potential, es muss nur viel stärker genutzt werden.“ Zu bedenken gibt sie, dass es auch immer noch das Stiefkind-Trauma gibt – die Eingemeindung Rheinhausens zu Duisburg – und gefühlt finanzielle Unterstützung nicht auf die linke Rheinseite fließt. Aber ihre Freundin Anna sieht es positiv: „Irgendwann wächst sich so etwas heraus und man bildet eine neue Identität.“
Anna Bosbach-Plonka und Anne Hildebrand empfehlen:
- Rockelsberghalde
- Der „Toepper“
- Volkspark mit Damwildgehege
- Die Rheinauen
- In Friemersheim entlang des Rheins laufen