Petra Thiele und Mimount Abounachat aus der Straußsiedlung

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Wir befinden uns im Jahr 2016 n. Chr. Eine Siedlung am Rande Neudorfs sollte abgerissen und neu aufgebaut werden... Aber nein! Zwei unbeugsame Frauen hören nicht auf Widerstand zu leisten …  so oder so ähnlich könnte der Plot der Geschichte von Petra Thiele und Mimount Abounachat lauten.

Die Straußsiedlung in Neudorf-Süd ist eine Arbeitersiedlung, die 1925 fertiggestellt wurde. Das Besondere: Entgegen einheitlich strukturierter Grundrisse und gleichförmiger Straßen prägt die Siedlung der abwechslungsreiche Zuschnitt von Wohnungen und Gesamtanlage. Eine Siedlung mit Geschichte. „Aber irgendwann wurden die Wohnungen leer gezogen und nicht mehr saniert“, beschreibt Petra Thiele den Gang der Siedlung.

Straußsiedlung - Hinterhofansicht

Im Jahr 2016 formierte sich Widerstand gegen die Abrisspläne. Petra Thiele und Mimount Abounachat haben sich für den Erhalt der Siedlung erfolgreich eingesetzt. Sie halten die dortige Gemeinschaft zusammen, organisieren Nachbarschaftsfeste und sind die Gesichter der Siedlung. Ihre Anstrengungen waren erfolgreich. Der Plan sieht nun den Erhalt und die Sanierung der denkmalgeschützten Straußsiedlung vor. Ein Teil der Bauten ist bereits modernisiert. In den Häusern, die noch saniert werden müssen, wohnen derzeit noch fünf Mietparteien, auch die beiden Frauen.

Heißgeliebt: der Ofen

Petra Thiele ist vor mehr als 20 Jahren in eine der Wohnungen gezogen: „Die Wohnung hat mir sofort gut gefallen. Vor allen Dingen der Holzfußboden und der Ofen, mit dem die Räumlichkeiten beheizt werden müssen. Sonst bin ich oft umgezogen, war nie lange an einem Ort, aber damals dachte ich – hier will ich für immer bleiben.“

Ihre Nachbarin Mimount Abounachat gefiel von Anfang an die Nachbarschaft: „Es war schön, wie alle zusammenhielten, egal welcher Religion oder Nationalität. Wir haben zusammen Weihnachten und Ramadan gefeiert. Alle meine Kinder sind hier aufgewachsen.“

Nachbarinnen auf einen Klönschnack

Die nachbarschaftliche Gemeinschaft ist es, welche die Frauen schätzen: „Wir helfen uns gegenseitig, wir können uns aufeinander verlassen, die Kinder konnten ohne Gefahr draußen spielen, alle haben ein Auge auf sie gehabt oder wir unterstützen uns gegenseitig im Garten. Außerdem ist es sehr ruhig hier, auch wenn nebenan gleich eine Bahnlinie ist.“ Ihre Nachbarin ergänzt: „Einen guten Nachbarn zu haben, ist so viel wert. Er ist da, wenn du nicht da bist. Er hat deinen Schlüssel, er hilft deinen Kindern.“

Sowohl Lage und Beschaffenheit der Häuser, die günstigen Mieten und Gärten als auch die Menschen der Siedlung, haben Petra Thiele und Mimount Abounachat bewogen, für ihr gewohntes Zuhause zu kämpfen. Mit Erfolg. Sie sind froh und stolz darauf, dass die alte Siedlung erhalten bleibt. Sie finden es gut, dass sich endlich wieder gekümmert wird: „Das haben wir geschafft, Mimount“, stupst Petra Thiele ihre Mitstreiterin an. Dennoch sind sie nicht ganz ohne Sorge. Sie können nicht einschätzen, was die Sanierung schlussendlich für sie bedeuten wird, ob sie dort wohnen bleiben können. Am liebsten hätten sie es, dass die Häuser zwar instandgesetzt werden, aber die Wohnungen ihren Charakter behalten dürfen.

Sanierungsarbeiten in der Straußsiedlung

Im Zuge der Neuerungen werden auch die Gärten anders angelegt und verkleinert. Die Gärten in ihrer jetzigen Form sind den MieterInnen sehr ans Herz gewachsen und sie hoffen, dass ihnen der Raum bleibt. Hier wird ab dem Frühjahr gebuddelt, gepflanzt und der Sommer vorbereitet. Abounachat bringt regelmäßig Pflanzen aus Marokko mit und freut sich, wenn etwas anwächst und gedeiht. Die Gärten sind der Treffpunkt und die Ruheoasen in den warmen Monaten. „Und sie sind für meinen Mann so wichtig. Er ist dement, aber im Garten kann er unbekümmert in seiner gewohnten Umgebung werkeln.“ Mit Blick auf die Neu- und Umbauten wünschen sich die Nachbarinnen, dass sich wieder eine ähnliche Gemeinschaft entwickeln kann, wie es vor dem Wegzug gelungen ist.

Straußsiedlung

An Neudorf schätzen die beiden die Nähe zum Stadtwald wie auch zum Wasser. Thiele empfindet den Stadtteil als „bürgerlich gediegen, vielleicht sogar einen Ticken zu spießig“, aber sie schätzt das Ruhige und die citynahe Lage. „Ich mag den Ludgeriplatz“, ergänzt Abounachat und da besonders den Wochenmarkt und den Bücherschrank, außerdem schätzt sie die Oststraße, die Einkaufsstraße Neudorfs.

„Und Neudorf ist sehr asiatisch. Hier studieren viele Chinesen, es gibt chinesische Gastronomie und Läden.“ Petra Thiele findet weiter: „Eigentlich sollte Neudorf noch mehr Studentenviertel sein mit mehr studentischer Subkultur und studentischem Leben und Szeneläden – da wäre Potential.“

Herausforderungen sieht Thiele im Klimaschutz vor Ort. „Der Sternbuschweg ist einer der heißesten Ort im Stadtteil. Viele Areale sind beispielsweise durch Parkfläche versiegelt. Ich engagiere mich deswegen in einer Klimagruppe. Zusammen wollen wir das Bewusstsein der Leute sensibilisieren, wie klimafreundlich gestaltet werden kann. Eine Idee: Bushaltestellenhäuschen zu begrünen.“

Petra Thiele und Mimount Abounachat empfehlen

Einen Besuch in der Straußsiedlung natürlich!

Einen Spaziergang entlang der Regattabahn oder durch den Stadtwald

Einen Besuch im MSV-Stadion (Schauinsland-Reisen-Arena)

Den Ludgeriplatz zu besuchen

Und einen Sprung über die Stadtteilgrenze zum Chinesischen Garten im Zoo Duisburg