Udo Vohl - Freundeskreis Historisches Homberg e.V.
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Ab Mitte der 1960er Jahre sollte sich etwas in Nordrhein-Westfalen abspielen, was für viele Menschen der Region von einschneidender Erfahrung sein sollte. Ganze zehn Jahre lang hielt dieser Zustand an. Danach war für viele nichts mehr, wie es einmal war. Das Unwort dieser Zeit: Gebietsreform. Zehn Jahre lang wurde neugeordnet, hier Linien gezogen und dort eingemeindet.
Die neugezogenen Grenzen bildeten sich nicht nur auf dem Papier ab, sondern sie durchschnitten auch so manches Herz. Ein Leben lang gelebte Identitäten lösten sich von heute auf morgen in Luft auf. Gravierend, wenn von nun an auf der Landkarte ein Stadtname auftauchte, dem man sich zuvor nicht verbunden fühlte. Ja, die einst stolze und selbstständige Stadt sogar nur noch ein Stadtteil und damit einer von vielen war.
In Duisburg waren sogleich drei Gebiete betroffen: Walsum, Rheinhausen und Homberg! Der heutige Stadtteil Alt-Homberg bildete gemeinsam mit Hochheide bis 1975 die Stadt Homberg/Niederrhein.
Zehn Jahre danach gründete sich auf der linken Rheinseite der Freundeskreis Historisches Homberg e.V.: „Homberg gab´s nicht mehr, es galt das alte Homberg nicht in Vergessenheit geraten zu lassen“, bringt Udo Vohl den Anlass zur Gründung des Vereins auf den Punkt. „Wir waren Leute, die geschichtsinteressiert waren und ein Interesse daran hatten, alles was die alte Stadt Homberg betraf, zu sammeln, aufzubereiten und Dritten zugänglich zu machen.“
In den Räumlichkeiten der Volkshochschule an der Augustastrasse 48 wurde der Verein fündig: „Anfangs stand uns nur ein Raum zur Verfügung, den wir in Eigenarbeit hergerichtet haben.“ Mittlerweile sind weitere Räume hinzugekommen. Sie dienen neben einem Archiv auch als kleines Museum und als Versammlungs- bzw. Veranstaltungsort. Hier übernimmt Udo Vohl neben dem Archivar Reinhard Stratenwert auch Archivarbeiten: „Ich mache das gerne. Meine Frau wundert sich immer, wieviel Zeit ich hier reinstecke.“ Die gesammelten Werke werden sortiert, geordnet und ordentlich dokumentiert. Die Dokumente werden beispielsweise von Vereinen, Schulen oder auch sehr oft von Privaten abgegeben. „Wir haben auch ein Fahnenarchiv unterschiedlichster Organisationen.“
Die umfangreiche Dokumentensammlung, die der Verein pflegt, ist sehr gefragt. „Neben Schulklassen bekommen wir auch Anfragen von außerhalb. Gerne von Leuten, die Ahnenforschung betreiben. Aber generell müssen wir mehr raus, mehr auf uns aufmerksam machen.“ Deswegen steht als nächster Punkt die Erneuerung der Website auf der Agenda. Als weiteren Service, aber auch zur Sicherung, sieht Udo Vohl die Digitalisierung der Dokumente vor. „Mein Anspruch ist so viel wie möglich zu digitalisieren. Das machen wir mit Hilfe des Stadtarchivs. Auch gibt es rund 15.000 Bilder, die noch eingepflegt werden müssen.“
Daneben gibt es noch jede Menge weiterer Dinge zu organisieren: Für die Mitglieder werden Vorträge, Ausflüge oder Besichtigungen organisiert, die im Kontext des Stadtteils stehen. Es wurden sogar Veranstaltungen in der Glückauf-Halle ausgerichtet, eines der Highlights waren zwei Abende mit dem ehemaligen Kabarettisten Hanns Dieter Hüsch, der auch selbst Vereinsmitglied beim Freundeskreis war. „Wir haben in der Glückauf Halle noch zwei weitere Großveranstaltungen durchgeführt, immer mit sehr viel Organisationsarbeit verbunden.“ Auch für einige Skulpturen im Stadtteil zeichnet sich der Verein verantwortlich, wie für die Seilscheibe des ehemaligen Förderturms, die an die Zeit der Bergwerke erinnert und an einem zentralen Platz aufgestellt wurde. Sehr stolz ist Udo Vohl auf den Marktbrunnen samt Skulptur auf dem Bismarckplatz. Der Originalbrunnen wurde Mitte der 1950er Jahre abgebaut, die dazugehörige ursprüngliche Bronzefigur des Künstlers Carl Brose bereits im 2. Weltkrieg eingeschmolzen.
Dem Freundeskreis Historisches Homberg e.V. war es ein Anliegen diesen Brunnen originalgetreu wieder aufzubauen. 1990 war es soweit, der Brunnen stand, die Skulptur sollte im Rahmen eines Festes feierlich eingeweiht werden. „Es sollte das Highlight zum Brunnenfest sein. Wir haben den Auftrag nach Italien vergeben. Einzig dort bestand die Gewähr, die Skulptur, die dem Original nah kam, in unserem Kostenbudget gießen zu lassen. Aber am Vortag zur Einweihung war von der Skulptur noch keine Spur zu sehen. Ich hatte eine schlaflose Nacht. In der Früh bekam ich einen Anruf vom Bildhauer, der die Skulptur abgeholt hatte, er stände gerade noch an der Schweizer Grenze. Ich war so erleichtert – und tatsächlich, am Vormittag dann konnte die Figur auf den Brunnen gesetzt werden. Alles konnte nach Plan ablaufen. Das werde ich nicht vergessen.“
Udo Vohl genießt es, dass es sehr wohl immer wieder Nachfragen gibt und Leute an der Arbeit und dem Wissen des Vereins interessiert sind. „Das gibt uns auch das Gefühl, dies nicht nur für uns zu machen, sondern dass unsere Arbeit auch für andere einen Mehrwert bildet.“ Jetzt hofft Udo Vohl darauf, dass sich die Räumlichkeiten in der 3. Etage auf der Augustastrasse abermals vergrößern können. „Es wäre toll, dass kleine Museum zu erweitern und sogar einen Rundgang zu ermöglichen.“
Seit rund 60 Jahren wohnt Udo Vohl im Stadtteil. „Meine Frau, die aus Usedom stammt, verteidigt die Stadt immer vehement, sobald altbekannte Meinungen auftauchen. Insofern kann es hier so schlecht nicht sein“, zur Frage, was er an seinem Stadtteil schätzt. Grundsätzlich ist es aber die Nähe zum Rhein „das ist das Entscheidende.“ Er mag es, am Rheinufer entlang zu laufen oder den Uettelsheimer See zu umrunden. Er beobachtet aber, dass „der Stadtteil ausblutet und die Älteren zurück bleiben“, denn auch Alt-Homberg hat mit leerstehenden Ladenlokalen und schließenden Bankfilialen zu kämpfen, „aber das liegt insgesamt an der Zeit und nicht am Bezirk.“ Umso wichtiger sind „Neubau-Quartiere, wie ´In den Haesen`, in die gerne junge Familien ziehen.“ Außerdem wünscht sich Udo Vohl, das Homberg tatsächlich wieder näher an den Rhein rückt, „bisher hatte die Industrie den Vorzug.“
Udo Vohl empfiehlt
- Das Heimatmuseum des Freundeskreises Historisches Homberg zu besuchen
- Den Hebeturm, das Homberger Wahrzeichen und Teil der ehemaligen Trajekt-Anstalt für den Eisenbahnfährverkehr, zu besichtigen
- Den Hafen samt Schulschiff aufzusuchen