Auf diesen Roboter können Sie bauen
Stein auf Stein, Stein auf Stein – das Häuschen wird bald fertig sein. CaRLO macht das schon. Denn CaRLO kann alles – na ja fast und so wirklich auch erst in der Zukunft. Heute kann CaRLO immerhin schon Mauern hoch- und Zwischendecken einziehen. Und das ganz allein.
Denn CaRLO ist ein Roboter und heißt eigentlich „Cable Robot for Large Scale Operations“. Er ist eine interdisziplinäre Entwicklung des Fachbereiche Mechatroniks und des Instituts für Baubetrieb und Baumanagement (IBB) der Universität Duisburg-Essen (UDE). Wenn alles gut läuft, ist CarRLO künftig so etwas wie das Schweizer Taschenmesser für den Bau. Nur in groß und mit viel Software-Knowhow im Inneren. „Das ist weltweit in der Form einzigartig“, betont Prof. Dr.-Ing. Alexander Malkwitz vom IBB.
In Halle 9 am Vinckeweg in Ruhrort arbeitet CaRLO still vor sich hin. Mechatronik-Doktorand Christoph Jeziorek gibt dem Roboter am Rechner die richtigen Befehle ein. So kann der an Kunstfaserseilen geführte Roboter mit Greifarmen mühelos Kalksandsteine tragen, mit Mörtel versehen und passgenau zu Mauerwerk aufschichte. Allein sein Messverfahren dauert dank moderner Bilderkennung nur wenige Sekunden. Blitzschnell flitzt er dann in einem System synchron arbeitender Seile durch die Halle und arbeitet nahezu lautlos sein Programm ab. Wie eine Spinne im Netz. Innerhalb weniger Stunden soll er künftig eine Etage im Rohbau fertigstellen können.
„Voraussetzung ist natürlich, dass es einen digitalen Plan des Gebäudes gibt“, erläutert Professor Malkwitz. Solch ein 3D-Modell, erstellt im Rahmen vom sogenannten BIM (Building Information Modeling), bildet die Basis für CaRLOs Schaffenskraft. Und Digitalisierung ist in der Baubranche noch ein Thema, das in den Kinderschuhen steckt. Deswegen ist CaRLOs Einsatz auf den „echten“ Baustellen noch ein Stück weit Zukunftsmusik und der Prototyp aus Duisburg fungiert diesbezüglich auch als Botschafter für den digitalen Wandel.
Denn genau für diese Vision treten die Forscher der UDE ein, haben sich Fördermittel von Bund und Land gesichert, überzeugen und begeistern Politik und Handwerk. Mit dem Bundesverband Kalksandsteinbau e.V. und dem Institut für angewandte Bauforschung Weimar (IAB) gibt es schon enge Kooperationen. Und es werden sicherlich noch mehr werden. Denn neuerdings kann CaRLO sogar Decken legen. „Wir haben den Roboter, den man auch als automatisierten Kran sehen kann, weiterentwickelt“, sagt Mechatronik-Professor Tobias Bruckmann. Wechselwerkzeug heißt das Zauberwort. CaRLO kann seine Werkzeuge austauschen und so nicht nur Steine setzen, sondern auch Holzdecken verlegen, nageln und versiegeln. Denkbar sind auch Maler- und Abrissarbeiten. Ein wahrer Tausendsassa. „Automatisierung eröffnet eben auch neue Möglichkeiten“, wirbt Prof. Bruckmann für das Multitool.
Wer jetzt Sorge hat, dass CaRLO demnächst allein auf Baustellen wirbelt und Handwerker überflüssig macht, ist schief gewickelt. „Die Bauindustrie begrüßt unsere Forschung. Der Baudruck ist groß“, erklärt Prof. Bruckmann, „und es mangelt im Handwerk an Fachkräften. Und die, die wir haben, könnten wir effizienter einsetzen. Wenn wir die Leute noch mit der Kelle auf den Bau schicken, dauert ja alles länger.“ Anders ist es mit Kumpel CaRLO – der kriegt keine Bandscheibenvorfälle, braucht keine Kaffeepause, kann also theoretisch 24/7 schuften und macht den schweißtreibenden Job des Bauarbeiters sogar attraktiver. „Wenn wir jungen Menschen zeigen können, dass sie als Maurer künftig auch digital arbeiten und einen Roboter bedienen, ist das eine hochspannende Aufwertung des Berufsbilds“, meint Bauingenieurin Dr. Aileen Pfeil, Projektleiterin des Entwicklungsteams am IBB.
Bald geht es für CaRLO nach draußen
Stillstand auf dem Bau ist unerwünscht und Stillstand in der Forschung oft Rückschritt. Deshalb haben die Entwickler schon die nächsten Upgrades für CaRLO im Kopf. „Wir werden das Thema Einhausung angehen“, blickt Prof. Malkwitz voraus. In CaRLO steckt jede Menge sensible Technik. Die gilt es wetterfest zu machen, vor Staub, Nässe und Hitze zu schützen. Denn Ziel ist es, CaRLO zukünftig auf realen Baustellen zu erproben.